Kinderleicht: Geldgespräche mit Kindern führen
Warum es wichtig ist, Kindern frühzeitig den Umgang mit Geld beizubringen und wie Eltern und Schulen sie dabei unterstützen können.
© Cottonbro Studio
Finanzielle Bildung ist ein entscheidender Schlüssel für die zukünftige Selbstbestimmung und Entscheidungsfreiheit von Kindern. Doch was bedeutet es konkret, viel über Geld zu wissen? Und sparen zu können? Oder besonders früh und clever zu investieren?
In dem neuen Ratgeber „Über Geld spricht man doch“ führen die Ökonomin Claudia Müller und die Finanzexpertin Isabel Sorg Eltern und ihre Kinder spielerisch an das Thema Finanzen heran. Dabei wollen sie vor allem eines: Berührungsängste abbauen und praktische Tipps für den Familienalltag geben.
Von Taschengeld und Spardose bis hin zu den ersten Geldanlagen: Im Interview berichten uns die beiden Autorinnen, warum gerade junge Frauen mehr an das Thema herangeführt werden sollten und wie man ein gesundes Verhältnis zu Geld aufbauen kann.
Ihr habt gemeinsam einen Ratgeber geschrieben, wie man Kindern den Umgang mit Geld beibringen kann. Warum ist es so wichtig, Kinder frühzeitig an das Thema Geld heranzuführen?
Claudia Müller: Geld bedeutet Entscheidungsfreiheit und Selbstbestimmung und der Weg dorthin führt über gutes Finanzwissen. Kinder haben in Deutschland wie auch in Österreich aktuell jedoch kaum Gelegenheit, fundiertes, explizites Wissen rund um das Thema Geld zu erwerben. Kinder lernen also vor allem implizit – durch das eigene Elternhaus und ihr Umfeld – wie Finanzen funktionieren. Und genau da soll unser Buch ansetzen und helfen.
Warum sollte man vor allem junge Mädchen mehr mit dem Thema Finanzen vertraut machen?
Isabel Sorg: Frauen sind beim Thema Finanzen immer noch benachteiligt: Väter reden mehr mit ihren Söhnen über Geld als mit ihren Töchtern. Auch der Finanzsektor ist in erster Linie von Männern für Männer konzipiert. Hinzukommen die Gender-Gaps: Frauen verdienen 18 Prozent weniger als Männer und sind häufiger in Teilzeit erwerbstätig, weil sie die unbezahlte Care-Arbeit übernehmen. Logischerweise steht ihnen dadurch insgesamt weniger Geld zum Vorsorgen und Investieren zur Verfügung, was dazu führt, dass Altersarmut weiblich ist. Junge Mädchen dafür zu sensibilisieren und es ihnen mit dem entsprechenden Wissen zu ermöglichen, kluge und selbstbestimmte Entscheidungen zu treffen, zahlt sich im wahrsten Sinne des Wortes aus.
Wie können Eltern und Erziehungspersonen spielerisch mit Kindern über Geld sprechen und sie dabei unterstützen, ein gesundes Verhältnis dazu aufzubauen?
Claudia Müller: Es beginnt immer mit einem selbst. Wer sich gerne und entspannt mit seinen Finanzen beschäftigt, gibt das auch weiter. Nehmen Sie Ihr Kind mit zur Bank, sichten Sie gemeinsam Kontoauszüge und lassen Sie es bei der Steuererklärung über die Schulter schauen. Lassen Sie Ihr Kind teilhaben und somit Stück für Stück in diese Welt hineinwachsen. Als Faustregel gilt: Je besser man das Thema Geld und Finanzen mit den individuellen Interessen des Kindes verknüpfen kann, umso erfolgreicher wird man sein.
Und was braucht es eurer Meinung nach für eine gute Finanzbildung in der Schule?
Isabel Sorg: Wir sind der Meinung, die Schule sollte ihrem Bildungsauftrag auch im Bereich der finanziellen Bildung nachkommen. Die Schüler:innen wünschen sich sowieso, dass Themen wie Altersvorsorge und eine gute Finanzhygiene in der Schule vermittelt werden. Wer in einem schwierigen finanziellen Umfeld aufwächst, erfährt seltener familiäre Unterstützung bei den Themen Geld und Vorsorge; die Eltern „fehlen“ quasi als verlässliche Informationsquelle. Die Schule könnte hier einen wichtigen Ausgleich schaffen und „Start-Nachteile“ mancher Schüler:innen korrigieren.
Geld sollte ein ganz selbstverständlicher und neutraler Bestandteil des Alltags sein.
Claudia Müller und Isabel Sorg
Das Thema Geld kann ja leider auch belastend sein. Wie sehr sollte man bei Geld-Gesprächen mit Kindern ins Detail gehen?
Claudia Müller: Geld sollte ein ganz selbstverständlicher und neutraler Bestandteil des Alltags sein. Und genau das wollen wir Kindern vermitteln. Deshalb ist es so enorm wichtig, die eigenen hinderlichen Glaubenssätze zum Thema Geld schonungslos auf den Prüfstand zu stellen. Geld ist weder gut noch schlecht, diesen Wert schreiben allein wir ihm zu. Selbst wenn man sein Kind vor diesem Thema „bewahren“ will, merkt es ja trotzdem, wenn das Thema Geld zu Hause für Streit sorgt oder sich die Stirn in Sorgenfalten legt, wenn die Nachzahlung des Energieversorgers ins Haus flattert.
Auch beim Thema Taschengeld spalten sich oft die Geister. Wie viel Taschengeld sollte mein Kind in welchem Alter bekommen?
Isabel Sorg: Taschengeld ist ein beliebtes Mittel, um jungen Menschen den Umgang mit Geld näherzubringen. Es gibt in Österreich allerdings keine gesetzliche Pflicht, Taschengeld zu zahlen. In unserem Buch setzen wir uns auch mit der Frage auseinander, ob Taschengeld adultistisch sein kann (Spoiler: Ja, kann es!), und welche Alternativen es gibt. Wenn eine Familie sich entscheidet, Taschengeld zu zahlen, empfehlen wir, sich an offiziellen Empfehlungen zu halten und das Kind in diese Überlegungen miteinzubeziehen. Entscheidungen und Absprachen, die man gemeinsam trifft, sind in der Regel tragfähiger.
Wie früh sollte man Kinder an das Thema Sparen heranführen?
Claudia Müller: Am besten so früh wie möglich! Jedoch ist es auch wichtig, Kindern den Unterschied zwischen Sparen und Investieren näherzubringen. Man macht seinem Kind ein großes Geschenk, wenn es versteht, dass es sein Geld für sich arbeiten lassen kann und der Zinseszins auch noch kräftig mithilft.
Gibt es noch etwas, dass ihr unseren Leser:innen abschließend mit auf den Weg geben möchtet?
Isabel Sorg: Geld bedeutet Entscheidungsfreiheit und Selbstbestimmung und deshalb ist finanzielle Bildung für jeden Menschen essentiell wichtig. Wer sich ärgert, nicht schon früher mit diesem Thema angefangen zu haben: Der richtige Zeitpunkt ist immer jetzt!
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MEHR ZUR AUTORIN DIESES BEITRAGS:
Tjara-Marie Boine ist Redakteurin für die Ressorts Business, Leben und Kultur. Ihr Herz schlägt für Katzen, Kaffee und Kuchen. Sie ist ein echter Bücherwurm und die erste Ansprechpartnerin im Team, wenn es um Themen wie Feminismus und Gleichberechtigung geht.
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